The 69 Eyes und The Other begeistern in Trier

Die Zeiten, dass The 69 Eyes in kleinen Clubs um die Gunst der Zuschauer spielen müssen, scheinen eigentlich vorbei. Die finnische Dark Rock-Band kann auf eine fast 35-jährige Karriere im Business zurückblicken, ist seit 1999 auch bei größeren Labeln wie Roadrunner oder Virgin unter Vertrag und hat sich seither eine große Fanschar auf der ganzen Welt erspielen können. Das verwundert kaum, denn mit ihrem Mix aus Sleaze Rock, Glam Rock und einer guten Portion Rock ‘n‘ Roll begeistern sie nicht nur die Wave- und Gothic-Szene, sondern sind auch bei den Rockern anerkannt und beliebt.

Das macht den Auftritt im Trierer Jugendzentrum Mergener Hof am 23.03.2023 umso mehr zu einer kleinen Sensation, denn der Club fasst bestenfalls 150 Gäste, bietet aber, so sollte sich herausstellen, die perfekte Location für ein Konzert der Kultrocker, die den Abend zusammen mit der Horrorpunkband The Other zu einem denkwürdigen Konzertevent machten.

Als die Bühne von den fünf Musikern von The Other betreten wird, scheint die Stimmung aber zunächst weniger ausgelassen, zumal auch noch nicht so viele Zuschauer den Club betreten haben. Keine leichte Aufgabe, denn als Aufheizer müssen sich die Leichlinger (wie passend!) zu fünft das vordere Drittel der Bühne teilen, was sie aber keineswegs zu stören scheint. In voller Montur, Horrormasken und professionelle Halloweenschminke inklusive und mit (Vincent Price-) Horror Hall trägt uns die pathetische Stimme von Sänger Rod durch die Nacht und wir galoppieren durch ihren melodischen Goth Horror Punk. Man vernimmt Anleihen von den Dead Kennedies hier, eine Pose bzw. eine Prise Glen Danzig dort und alles dreht sich um Friedhöfe (Back to the Cemetary), Vampire (Vampire Girl) und das Ableben (She’s dead and gone) oder andere Beschäftigungen der Nacht. Passender könnte da so ein Gewölbekeller wie der Mergener Hof kaum sein.

Die Band arrangiert sich mit jedem Song mehr mit der Enge des Raumes und lässt sich keineswegs an einer lebhaften und bewegten Bühnenshow hindern. Das überträgt sich natürlich auch auf die Zuschauer, deren Zuspruch schnell anschwillt, Kopfnicken in Jubeln übergeht und bei “She‘s Dead and Gone” und dem hektisch punkigen Beware of Ghouls auch tanzt und feiert. Bei aller Edginess sind die Songs dennoch eingängig, mit punchenden Riffs und catchy Refrains ist die Band schon lange kein Geheimtipp mehr und beweist Headlinerqualitäten. Folglich ist nach 30 Minuten ist der Laden auf Betriebstemperatur.

Nach einer kurzen Pause treten die The 69 Eyes unter Beifall ins Rampenlicht. Mit Rock ‘n’ Roll Flair und einer Prise Elvis und einem aggressiv-direkten Sound legen The 69 Eyes gleich den Grundstein für ein gutes Clubmonzert. Sicher, 20 ist auf der Bühne niemand mehr, aber ein bisschen Joey Ramone, ein bisschen Vinnie Stigma und ein Drummer mit vollem Körpereinsatz schaffen einen eigenwilligen Sound aus Rock, Goth, Punk. Ein eingespieltes Team aus schwarz gekleideten Individualisten, die aus Einflüssen wie den Stooges, Motörhead und The Doors eine eigenwillige Melange kreieren, welche düster, tanzbar und unverschämt cool daherkommt. Der Sound ist smooth und direkt.

So unnahbar Sänger Jyrkie 69 erscheint, alles was auf der Bühne passiert, geschieht für das Publikum und buhlt um dessen Aufmerksamkeit. Schamlos werden Rock ‘n‘ Roll Klischees wunderbar eingesetzt, ohne inszeniert zu wirken. Das geschieht durchaus auch mit Augenzwinkern: „You are the reason why we doing this for 400 years now“. Und diese wundervoll getragenen Leadsounds prägen Bands wie HIM in einem späteren Leben. Mocking moves (Skanken, Gewichtheben usw.) des Sängers beweisen Stil und eine gehörige Portion Humor. Mit ebensolchem Selbstbewusstsein wird die neue Single “Death of Darkness” vorgestellt. Das schaffen viele Bands mit so einer bewegten Vergangenheit nicht, da verlässt man sich lieber auf alte Hits. Aber Coolness mit Augenzwinkern ist die beste Coolness, die einzige, die nicht aufgesetzt wirkt, um genau zu sein. Und nach einem fulminanten Solo in der erhabendsten Pose des Abends befördert Gitarrist Bazie sein Plektrum in die Menge. Ein kurzer Abgang folgt, aber the show must go on. Das Set schließt mit Tonight und “Lost Boys”, eine Hommage an den gleichnamigen Film, der auch die Ästhetik der Band maßgeblich beeinflusst.

Ein phantastischer Abend in Trier endet mit der Gewissheit, dass diese Bands noch nicht am Ende ihrer Kariere angelangt sind.

Photos: Andreas Schieler

Das könnte dich auch interessieren …