Stuttgart: Helloween melden sich mit Original Line-Up eindrucksvoll zurück

Stuttgart: Helloween melden sich mit Original Line-Up eindrucksvoll zurück

Lange haben die Fans darauf warten müssen, unzählige Male wurde immer wieder danach gefragt – und jetzt ist es endlich soweit: Das legendäre Original Line-Up von Helloween mit Weikath, Kiske, Hansen, Grosskopf ist gemeinsam am 11.11.2017 in der Porsche-Arena aufgetreten. Beim Auftakt in Deutschland sind auf der „Pumpkins United“-Tour sogar alle mit am Start – also Andi & Michi an den Vocals, Kai & Weiki & Sascha an den Gitarren und Markus & Dani in der Rhythmusfraktion. In einer überwältigenden Show über drei Stunden inklusive aller Hits haben die Kürbisköpfe vor vollem Haus auf ganzer Linie überzeugt.

Eine Vorband gibt es an diesem Abend nicht. Wozu auch? Die Menge fiebert der Live-Performance der Reunion entgegen, die ein mehr als abendfüllendes Repertoire vorzuweisen hat. Stattdessen schallt „Let Me Entertain You“ aus den Boxentürmen und hinter dem großen schwarzen Vorhang, auf dem unter den überdimensionalen weißen Band-Schriftzug „Pumpkins United“ dezent geschrieben stand, sieht man, wie die ersten Silhouetten vor einer riesigen Leinwand Position beziehen. Dann ist es endlich soweit. Unter lautstarkem Jubel fällt der schwarze Schleier und die sieben – endlich wiedervereint – starten episch mit dem Keepers-Klassiker „Halloween“. Über die  Menge fegt ein brachialer Sound, der von vier Saitenspielern und einem hämmernden Schlagzeuger angetrieben sowie den zwei unterschiedlichen Stimmen gelenkt wird. Michael Kiske und Andi Deris liefern sich von Beginn an ein harmonisch abgestimmtes Gesangsduell, wobei sie die Stärken beider Vocals gekonnt ausspielen. Aber auch Kai Hansen bekommt zum Beispiel bei den „Jericho“-Krachern „Starlight“, „Heavy Metal“ und „Judas“ seine verdiente Zeit am Mikro. Das vereinte Helloween gibt sich spielfreudig und harmonisch. Man witzelt gemeinsam auf der Bühne und gibt sich gegenseitig die gebührende Ehre. Michi und Andi setzen sich auf zwei Barhocker, die am vorderen Ende des langen ins Publikum ragenden Stegs stehen, um „was fürs Herz“ zu spielen: Forever & One (Neverland).

Zwischen den Songs gibt es auf der Videoleinwand stets Unterhaltung mit kurzen Comic-Clips zweier Kürbisse namens Seth und Doc. Nach anfänglichen Hits wie „Dr. Stein“ geht die Zeitreise durch 30 Jahre Helloween-Geschichte weiter. Kiske und Hansen nehmen die Fans mit „A Tale That Wasn’t Right“ mit zurück die Keepers-Ära. Ja, es fühlt sich irgendwie wie früher an. So singen die Fans genauso inbrünstig wie textsicher die alten Lieder mit, nehmen sich teilweise in den Arm, um zusammen die Band zu feiern und vielleicht auch um ein bischen in alten Zeiten zu schwelgen. Wie eh und je spielen Weikath und Großkopf dabei ihren Stiefel solide herunter, während Sascha sich hin und wieder dem Publikum widmet. So nimmt er sich kurzerhand das Handy eines Fans, um Selfies von sich auf der Bühne zu machen. Im Hintergrund setzt Loeble zu seinem Drumsolo zunächst alleine auf der Bühne an. Über ihm läuft ein altes Video aus alten Bandzeiten, in dem der verstorbene Schwichtenberg auftaucht und mit dem er zusammen im Wechsel das Solo ergänzt und beendet. Es ist außergewöhnlich imposant, wie die beiden Drummer – der eine real, der andere virtuell – gemeinsam ihre Schläge aufeinander abstimmen, und dadurch ein neues Werk zum Besten geben: eine würdige Ehrerbietung an das ehemalige Gründungsmitglied.

Das Publikum in Stuttgart ist von den United Pumpkins völlig begeistert, egal in welcher Formation sie gerade auf der großen Bühne stehen. Es ist schon beeindruckend, wie drei Jahrzehnte Helloween-Geschichte gemeinsam in guter alter Manier abrocken. Als sowohl mit drei Gitarren als auch den zwei Stimmen Klassiker wie „How Many Tears“ angestimmt wird, erheben sich auch lautstark die Stimmen in der Arena und die Haare werden geschwungen, sofern noch vorhanden, wie Kiske auch an diesem Abend feststellen muss. Überhaupt ist erstaunlich wie gut die drei Gitarren aufeinander abgestimmt sind. Nach zwei Stunden starten die Sieben ihre Zugabe mit „Eagle Fly Free“, was mit Begeisterung bis in die letzten Reihen mitgesungen wird. Gänsehaut-Feeling pur überzieht den Raum. Die Menge feiert die Band und die Band mit den Fans. Aber Helloween legen noch eine Schippe drauf und vervollständigen ihr episches Finale unter den Sprechchören mit „Keeper Of The Seven Keys“. Nach fast drei Stunden „Future World“ aus den Lautsprechern ertönt, kocht die Porsche-Arena unermüdlich weiter. Schließlich kommt, was kommen muss. Der Schlusspunkt mit „I Want Out“ bringt letztendlich auch den letzten Zweifler komplett zum Ausrasten. Mit riesigen Kürbis-Luftballons verabschieden sich Helloween unter minutenlangen Sprechchören sowie Beifallsstürmen endgültig an diesem Abend. Die Band in dieser Form zu erleben, ist einfach großartig und nicht selbstverständlich.

Helloween melden sich in erweiterter Originalbesetzung eindrucksvoll zurück. Dabei ist „Pumpkins United“ mehr als nur ein wirksamer Tourtitel, vielmehr das verinnerlichte Motto einer harmonischen Einheit. Bleibt zu hoffen, dass diese Einheit noch lange Bestand hat und viele Konzerte gemeinsam bestreitet. In dem Sinne: Happy Happy Helloween … united and forever!

Andreas Schieler

Leitung, Redakteur und Fotograf