Glitzergewitter mit Delilah Bon im Kesselhaus Wiesbaden

Glitzergewitter mit Delilah Bon im Kesselhaus Wiesbaden
Delilah Bon - 29.10.2025 Schlachthof Wiesbaden

Am 29. Oktober 2025 hat Delilah Bon im Kesselhaus des Schlachthofs Wiesbaden eine energiegeladene Show mit reichlich Glitzer hingelegt. Die britische Brat-Punk-Künstlerin, besser bekannt als Lauren Tate (Hands Off Gretel), stoppte auf ihrer „Princeless Princess“-Tour in der hessischen Landeshauptstadt, unterstützt vom Special Guest Changeline aus Frankreich.

Zwischen Backsteinwänden eröffneten Changeline im gut gefüllten Kesselhaus und brachten im Dunst die überwiegend jungen Frauen zum Schwitzen. Das Duo wurde von einem rotzig-frechen, virtuellen Comic-Avatar begleitet, mit dem die beiden zwischen den Songs frech interagierten. Musikalisch ging es mit Songs wie „Up In The Bay“ oder „Octopus Lady“ direkt auf die Zwölf: schnelle Rap-Parts, bissige Shouts und tiefe Growls trafen auf wuchtige Beats vom DJ. Die bunte Fanschar ging sofort mit, klatschte, rief und bald rotierte ein großer Moshpit, in den eine der beiden Musikerinnen kurzerhand selbst hineinsprang. Changeline trieb die Betriebstemperatur spürbar in die Höhe und heizte gekonnt für den Hauptact vor.

Dann stürmte die „Princeless Princess“ im gelben Kleidchen die Bühne, gespickt mit großen Sicherheitsnadeln und dem passenden Schleifchen im blauen Haar – eine rebellische Prinzessin im Candy-Punk-Style. Passend dazu war das Drumset mit rosafarbenen Rosen dekoriert, dahinter thronte mittig der „Delilah Bon“-Schriftzug im Death-Metal-Style auf pinkem Untergrund. Mit viel Wut im Bauch, aber noch mehr Spielfreude traf Delilah Bon genau den Nerv des Abends. Inhaltlich ging es um Selbstbestimmung, den Widerstand gegen patriarchale Strukturen und den klaren Blick auf Misogynie. „Cinderella“ vom aktuellen Album wirkte dabei wie eine bissige Abrechnung auf Drohgebärden nach feministischen Tracks, gekontert mit sarkastischen Punchlines, die Gewalt und Übergriffigkeit unmissverständlich benennen. Der Auftritt im Kesselhaus wurde zu einem Anti-Märchen. In dieser verdrehten Disney-Welt kehrte „Witch“ den Spieß um, und Lauren Tate machte mit ihrer Band die vermeintlich böse Hexe zur Schutzpatronin für unterdrückte Frauen.

Wiesbaden war einer von nur drei Deutschlandauftritten auf der großen Europa-Tour. Dementsprechend lag Spannung in der verschwitzten Luft, die Crowd tanzte dicht zusammen und war voll im Bann. Delilah Bon suchte immer wieder die Nähe zur ersten Reihe, sprach junge Frauen an, ermutigte sie und fand anerkennende Worte für ihre ausgefallenen Outfits. Hinter einem mit Efeu verzierten Mikrofonständer schlug Becky Baldwin im Gothy-Style die tiefen Saiten an. Auf der Rückseite ihres Basses prangerte der mit Tape aufgeklebte Slogan „No War but Class War“, den sie immer wieder hochhielt und mahnend dem Publikum zeigte.

Mit „Not The President“ und „War on Women“ folgten weitere klare Botschaften ihres feministischen Protests. Besonders der Song „Dead Men Don’t Rape“ kanalisierte vor der Zugabe noch einmal die unerbittliche Wut, und im Refrain vereinte sich die Crowd zu einer kollektiven Kampfansage. Mit dem finalen „BUSH“ mischte die Künstlerin das Prinzenideal der glatten Prinzessin mit bewusst derbem Witz und richtete sich gegen Schönheitsnormen. In diesem humorvollen und zugleich befreienden Ambiente verabschiedete sich Delilah Bon unter kräftigem Applaus von ihren Prinzessinnen im Kesselhaus Wiesbaden. So klingt Empowerment im Jahr 2025.

Andreas Schieler

Leitung, Redakteur und Fotograf