Ganz nah an Steve Harris: British Lion in der Garage Saarbrücken

Ganz nah an Steve Harris: British Lion in der Garage Saarbrücken

Nur ein einziger Deutschlandtermin und der führte British Lion, das Herzensprojekt von Iron-Maiden-Bassist Steve Harris, am 5. August 2025 in die Garage Saarbrücken. Die Location bot mit ihrer Nähe, die man bei den großen Shows so nicht erlebt, den perfekten Rahmen. Viele Fans trugen Iron-Maiden-Shirts, und die Stimmung vor Beginn war elektrisiert. Kein Wunder, denn die Aussicht, einer Metal-Ikone so nah zu kommen wie sonst nie, sorgte für leuchtende Augen und gespannte Erwartung. Diese besondere Exklusivität verlieh dem Abend einen eigenen Charme und ließ die Vorfreude bis zum Anschlag steigen.

Den Abend eröffnete Tony Moore ganz allein, nur mit Gitarre, und immer wieder am Keyboard, wenn es ruhiger wurde. Schon beim ersten Blick fiel seine auffällige Kleidung ins Auge: schwarze Jacke, Baseballcap, und alles glitzerte – sogar die Schuhe. Hinter ihm lief auf einer kleinen LED-Wand ein ständiges Spiel aus Farben und Mustern, das den Songs einen leicht verträumten Rahmen gab. Mit dem Titelsong Awake startete er in sein Set. Die Garage war zu diesem Zeitpunkt noch nicht voll, viele standen entspannt mit einem Bier in der Hand und lauschten. Zwischen den Songs erzählte Moore von seiner Zeit als Keyboarder bei Iron Maiden, streute gesellschaftliche Gedanken ein und erwähnte nicht selten sein neues Album inklusive Merch-Hinweisen. Die Setlist folgte im Großen und Ganzen der Reihenfolge seines Albums, nur dass er einzelne Stücke ausließ.

Nach „Awake“ kamen „The Clock Has Started“, „Love We Need You Here“ und „Just One Night“. Tony Moore beschrieb seine Musik als Mischung aus Pink Floyd und Genesis, und genau so klang es: sanft, sphärisch, teils melancholisch. Längere Songs wie „Not Normal“ oder das nachdenkliche „Remember Me“ luden eher zum Zuhören als zum Mitfeiern ein. Die Stimmung blieb dadurch verhalten – vielleicht auch, weil man nicht immer wusste, was live gespielt wurde und was vom Band kam. Mit einem letzten Appell zu mehr Achtsamkeit im Leben schloss er sein Set mit „Asleep“ ab.

Dann kam der große Auftritt, auf den alle gewartet hatten. British Lion stürmten unter frenetischem Applaus mit „This Is My God“ die Bühne. Vom ersten Ton an spürte man die Energie, die härter und direkter als beim Vorprogramm einschlug. Aber wer Iron Maiden erwartete, musste sich umstellen. Hier ging es nicht um epische Metal-Epen, sondern um kernigen, melodischen Hardrock, geprägt von Richard Taylors markantem Gesang und Steve Harris’ unverwechselbarem Bassspiel. Mit „Judas“, „Father Lucifer“ und „Paradise“ nahm der Abend richtig Fahrt auf. Die Garage war inzwischen gut gefüllt, die Stimmung kochte. Zwischen zwei großen Bannern mit Löwenköpfen agierte die Band mit einer spürbaren Spielfreude, die sich sofort auf die Menge übertrug. „The Burning“, Titelsong des 2020er-Albums, wirkte wie ein Funken im Pulverfass und ließ die Halle beben.

Die Augen der Fans waren immer wieder auf Harris gerichtet. Er suchte permanent den Blickkontakt, grinste, hob seinen dunkelblauen Bass, gestikulierte und trieb die Menge an. Bei „Spit Fire“, „The Chosen Ones“ oder „Us Against the World“ sang Harris mal im Hintergrund, mal übernahm er Passagen im Lead. Und auch wenn kein einziger Iron-Maiden-Song auf der Setlist stand, störte das niemanden. British Lion wurde 2012 gegründet, um kürzere, direktere Songs zu schreiben und davon gab es an diesem Abend genug. Zum Ende hin war Harris schweißgebadet, aber unermüdlich. Er war der Mittelpunkt, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Hier erlebte man nicht den unnahbaren Bassisten auf der Stadionbühne, sondern den Musiker zum Greifen nah.

Nach gut anderthalb Stunden verabschiedeten sich British Lion schweißgebadet, aber sichtlich zufrieden. Zurück blieb ein Publikum, das genau das bekommen hatte, worauf es gehofft hatte: großartigen Hardrock und die seltene Gelegenheit, Steve Harris ohne Stadiondistanz zu erleben. Der Abend in der Garage Saarbrücken zeigte, dass große Musik nicht zwangsläufig große Hallen braucht und dass Nähe manchmal auch Luxus für Fans ist.

Fotos von Pierre Ames

Andreas Schieler

Leitung, Redakteur und Fotograf