AC/DC in Karlsruhe: Ein Abend voller Schweiß und Rock ’n‘ Roll

AC/DC in Karlsruhe: Ein Abend voller Schweiß und Rock ’n‘ Roll
AC/DC - 17.08.2025 Messe Karlsruhe

Die Rockgiganten AC/DC holen zum neuen Rundumschlag aus! Mit ihrer „Power Up!“-Tour besuchen sie dabei auch wieder deutsche Bühnen, diesmal Berlin und Karlsruhe, wo Wave of Darkness am 17. August 2025 wieder dabei sein durfte.

Der Eindruck täuscht nicht: Die momentan größten und bestbesuchtesten Tourneen sind die der alteingesessenen Künstler. Bruce Springsteen, Bob Dylan, Iron Maiden und eben auch AC/DC, deren musikalische Reise 1973 in Sydney begann und die seither Musikgeschichte geschrieben haben, nein, schreiben!

Seit die Hardrock-Legenden wieder auf Tour sind, stürzt sich die Presse auf die alternden Musiker, und vermutet stets und einzig den Kommerzgedanken hinter solch einer Tour. Dabei sind diese Auftritte immer auch ein Angebot, welches bereitwillig angenommen und von den Fans gefeiert wird.
So auch auf dem Karlsruher Messegelände, wo sich 75.000 (!) Fans aus mindestens drei Generationen versammelt haben, um die Australier zu sehen. Der Markt scheint dies also bestens zu regeln. Auch wenn man die verschiedensten Menschen antrifft, hier sind vor allem auch echte Rocker, echte Raucher und Fans des puren und zeitlosen Hardrocks, welcher durchaus oft kopiert aber nie erreicht wurde.

An diesem Sonntag beginnt das Vorprogramm, ein ausgedehntes DJ-Set quer durch die Genres gitarrenlastiger Musik, bereits um 15 Uhr, und während um Karlsruhe bereits stockender Verkehr wie zähflüssige Lava Richtung Messegelände fließt, füllt sich das Gelände unter strahlend blauem Himmel mit bestens gelaunten Fans, die stolz ihre liebevoll gestalteten Kutten zur Schau tragen oder sich mit teurem Merch eindecken. Wer sich mit den Worten „Du erkennst mich an meinem AC/DC-Shirt“ verabredet, hätte hier kaum Chancen, sich zu finden. Und als die Sonne schon tief am Horizont steht, wird es Zeit für Livemusik der Supportband, The Pretty Reckless, welche die „Power Up!“-Tour seit Beginn begleiten.

Mit gewohnt coolem Habitus betritt Taylor Momsen um halb sieben die Bühne. Mit übergroßer Sonnenbrille und Signature-Look im Lingerie-Kleid fragt sie die Menge: „How the fuck are you doing tonight?“ Dabei ist sie ständig unterwegs, auf dem Laufsteg, auf den Seitenbühnen oder steht nah bei ihren Musikern. Mit lasziven Bewegungen kreisen ihre Hüften zum Gitarrensolo, als würden sich die Töne erst durch diese entfalten. Gitarrist Ben Phillips spielt mit Temperament des exzessiven Blues, sein Sound spielt eine nicht unwichtige Rolle in der Darbietung von The Pretty Reckless, und passt ausgezeichnet zu Taylors Gesang, der kraftvoll oder zerbrechlich daherkommt. Die Show hat bisweilen fast etwas Orgiastisches, Pulsierendes und bringt auch das von der Hitze geschwächte Publikum zunehmend in Schwung.

Es folgen Songs wie „Witches Burn“, „Take Me Down“ und „Make Me Wanna Die“. Auch wenn wohl nicht jeder mit dem Liedgut der New Yorker vertraut ist, dirigiert Taylor selbstbewusst die Massen, die wie Marionetten an ihren Fäden hängen, und ermuntert diese trotz der Hitze mitzutanzen.

Passend zur guten Organisation des Veranstalters wird in den Pausen noch über Flucht und Abreisewege informiert, während auf der Bühne unauffällig die letzten Vorkehrungen für die bevorstehende Show getroffen werden. Die Sonne ist mittlerweile fast verschwunden und die blinkenden Teufelshörner der Fans sind pfeilförmig und erwartungsvoll in Richtung Bühne gerichtet, so als erwarteten sie den Einlass in die Hölle.

Um 20 Uhr erklingt der aufheulende Motor eines Mustangs und ein animiertes Video eines ebensolchen Wagens, der unter tosendem Applaus auf das Peter-Gross-Bau Areal fährt, um dort die Musiker abzuliefern, wird auf den Leinwänden abgespielt.

AC/DC erscheinen bestens aufgelegt und legen, frenetisch bejubelt, mit „If you want Blood“ und „Back in Black“ gleich den Grundstein für die nun folgende über zweistündige Show. Gigantische Leinwände sind auf dem Areal und an den Bühnenseiten angebracht, liefern ständig neue Bilder und filmen alle Musiker nahezu ohne Verzögerung und mit wechselnden Lichtstimmungen und -effekten. Überhaupt ist Übertragung und Sound für eine Veranstaltung dieser Größenordnung großartig, der Sound fett, aber klar und niemals dumpf oder matschig, was bei Musik dieser Art schnell passieren kann.

Dies liegt aber nicht zuletzt auch an der Leistung der Musiker, welche präzise und tight zusammenspielen. Im Mittelpunkt stehen freilich Angus Young, der sich im Verlauf des Sets nach und nach seiner roten Samtschuluniform entledigt, und Brian Johnson, der mit diebischem Lächeln das Publikum aufpeitscht und eine reife Leistung abliefert, indem er Meilen zurücklegt, auch wenn er zwischenzeitlich etwas Probleme mit seinen Monitorkopfhörern zu haben scheint.

Es folgen Hits wie „Highway To Hell“, „Hells Bells“, „You Shook Me All Night Long“, „High Voltage“, „Whole Lotta Rosie“, „Thunderstruck“ und „T.N.T.“. „Thunderstruck“ lässt die Bandmitglieder auf den Bildschirmen wie elektrisiert wirken und das Lied entfaltet sich wie eine rote Blüte, entfacht ein Feuer, nimmt Tempo auf und Brian holt sich gesangliche Unterstützung durch das Publikum, als ihm fast die Puste auszugehen scheint. Eine Glocke wird herabgelassen, die Menge jubelt reflexartig, bevor das bekannte Riff erklingt. Schließlich kommt bei „Highway to Hell“ auch endlich Pyrotechnik zum Einsatz. Das Feld schreit nun aus vollen Kehlen.

Immer wieder erweist sich das signifikante Spiel und die unverwechselbaren Riffs des Leadgitarristen als Alleinstellungsmerkmal. Auch wenn der verstorbene Malcolm Young als der Soundtüftler bekannt war, so ist es Angus Young, der durch sein Spiel die Songs in Fahrt bringt. Dabei tritt er auf kein Pedal oder verändert für den Song den Sound über die Regler, lediglich die Gibson SG wird zwischen den Songs durch eine andere ausgewechselt. Sein Spiel ist plain und simple, ausgewogen und groovt ohne Ende.
So wundert es nicht, dass zu „Stiff Upper Lip“ eine scheinbar in Karbon gegossene SG präsentiert wird, eine Huldigung einer Gitarre, die durch ihn Berühmtheit erlangt hat.

Und auch die anderen Requisiten der Show sind unersetzlich. Eine Gretsch (Malcolms Lieblingsgitarre) in den Händen von Stevie Young, die genannte SG, ein Rock-Drumset und Brians Newsboy-Cap und immer wieder die prägnanten Riffs von Angus.

Aber nicht alles scheint vorhersehbar. Unverhofft zieht Angus seine Krawatte aus und nutzt sie wie einen Bogen, um auf seiner verzerrten Gitarre ein exzessives Solo anzustimmen. Der Basslauf von Chris Chaney fängt das Publikum wieder ein, Brian setzt seine beste Croonerstimme ein und holt die Band zurück in den Song. Wahnsinn!

„That’s Rock n Roll, I can see it! And it feels good!“ attestiert Brian kurz vor dem Finale, für das sich die Band nochmal aufbäumt wie ein wildes Tier. Die dekorative Wand aus Marschall-Verstärkern wird auf den Leinwänden noch potenziert. Diese sind nun scheinbar gestapelt bis unter die Bühnendecke. Angus setzt zu einem finalen, nie enden wollenden Solotanz an. Wie kein anderer versteht er sein Spiel einzusetzen und lässt sein Publikum nicht aus den Augen. Dieses folgt ihm wie eine Kobra dem Schlangenbeschwörer, während er sich auf dem Laufsteg vor der Frontrow windet und die Begeisterung sich schließlich mit tosenden Beifall im Konfettiregen entlädt. „TNT“ und die Hymne „For Those About to Rock (We salute You)“ gibt den Fans den Rest und lässt einen Abend zu Ende gehen, der kaum Wünsche übrig lässt.

Fotos von Andreas Schieler

Sebastian Wienert

Redakteur und Fotograf