Wild im Herzen, laut im Bruch: The SoapGirls live im Mühltal

Als endlich die ersten Töne zu hören waren, wurde es wild im Steinbruch Theater – ganz nach ihrem Motto. Denn mit „Wild at Heart“ touren The SoapGirls inzwischen im zweiten Jahr über den ganzen Globus. Nachdem Noemie „Mie“ und Camille „Mille“ Debray schon letztes Jahr im Mühltal gastierten (wir berichteten hier), haben die Geschwister aus Kapstadt am 10. Oktober 2025 erneut im Steinbruch Theater Halt gemacht, um mit ihrem alternativen Rock die kultige Location zu begeistern.
Um 19 Uhr werden wir in den urigen Club eingelassen. Draußen brennt ein Lagerfeuer, an dem schon zwei Leute mit einem Bier in der Hand stehen und nach den ankommenden Besuchern schauen. Der Bruch, wie der traditionsschwere Club genannt wird, hat den Flair der alternativen Disco der 80er bewahrt. Durch den Anbau mit DJ-Pult gehen wir in den Bar-Raum, wo alte Vinyl-Cover aus der ruhmreichen Metal-Ära eingerahmt an der dunkelroten Wand hängen. Nostalgische Gefühle umarmen mich und nehmen mich kurz zurück in ereignisreiche Jugendjahre. Nach und nach treffen die gut gelaunten Besucher ein und warten gespannt auf das südafrikanische Geschwisterpaar. Und wir warten, geduldig. Hatten die beiden SoapGirls Mie und Mille nicht kurz zuvor gepostet, dass sie gesundheitlich angeschlagen sind? Ist das der Grund dafür, dass wir schon eine Stunde nach dem offiziellen Startzeitpunkt immer noch an der Theke stehen? Na ja, das Bier schmeckt, Gespräche findet man schnell und im Allgemeinen bleibt man hier sehr gelassen.
Dann kommt die Erlösung. Mit einem Lächeln im Gesicht starten The SoapGirls ihren wilden Ritt mit „Societys Reject“. „Es ist schön, wieder im Steinbruch Theater zu sein“, begrüßt Mille mit etwas rauer Stimme das jubelnde Publikum. Und nachdem die Bassistin mit aufwendig hochgesteckter Frisur ihre Stiefel ausgezogen hat, stimmt sie barfuß „Wasted“ an. In den kommenden 90 Minuten entsteht ein ausgelassenes Wechselbad von ernsten Themen, unterhaltsamen Anekdoten und einem mitreißenden Grunge-/Rocksound, wie bei „Johnny Rotten“.
Die Botschaft des energischen Rock-Duos aus Südafrika ist eindeutig: Sei authentisch, laut und tolerant. Ihre Texte sprechen von Selbstbestimmung, Freiheit und Mut, richten sich gegen Unterdrückung und Diskriminierung, vor allem von Frauen. Vor „In My Skin“ liest Mie passend dazu einen Text auf Deutsch vor, der unter die Haut geht. In einer modernen Welt mit hohem technologischem Fortschritt werden Kriege geführt, Frauen in stereotypische Rollen gepresst und Menschen gedemütigt, sie prangert die sozialen Abgründe an und fordert alle auf, sich sowohl von den Fesseln zu lösen als auch laut dagegen zu wehren. Der tiefgehenden Nachdenklichkeit folgt schnell die wilde Ausgelassenheit. Geschichten über den Touralltag werden kurzweilig, auch im Dialog des Schwesternpaars, zur Freude der Besucher unverblümt erzählt. Die beiden erzählen zwischen den Songs auch gerne mit dem ein oder anderen Fan und schaffen so eine familiäre Atmosphäre.
Auf der Setlist steht vor allem das aktuelle Album „In My Skin“ von 2022 im Fokus. Neben dem Titelsong und „Wasted“ sorgen auch „Psycho“ und in der Zugabe „She Don’t Wanna“ für mächtig Energie im Steinbruch Theater. „Real“ von „Calls For Rebellion“, „God of War“ und „Drown“ vom Album „Elephant in the Room“ unterstreichen dagegen die vielseitige Setlist. Gerade das etwas ruhigere „Heart in Bloom“ fesselt und bringt bis in die letzte Reihe fast alle in tranceähnliche Bewegung. Mille zeigt immer wieder ihre Gelenkigkeit und spielt auch gerne mal in der Brücke ihren Bass. Zu „Demons“ zieht es die gelenkige Musikerin – dieses Mal ohne Bass, mit dem Mikro – ins Publikum und bleibt dort auch den Rest des Songs, um mit Feierwütigen abzurocken … eben „Wild at Heart“ bis zum Schluss.
Dass die SoapGirls wild im Herzen sind, beweisen sie an diesem Abend einmal mehr im Steinbruch Theater Mühltal. Bis zum finalen „Breathe“ zeigen Mie und Mille keine Spur von Müdigkeit und lassen sich ihre gesundheitliche Angeschlagenheit nicht anmerken. Stattdessen wurden wir Teil eines rebellischen sowie energiegeladenen Rock-Gigs, der gleichermaßen nachdenklich macht und die Seele befreit feiern lässt. Wer danach immer noch nicht genug hatte, konnte später am Merch-Stand mit den SoapGirls für Smalltalk oder ein Foto vorbeikommen, oder sich auf der Tanzfläche weiter verausgaben. Die „Wild at Heart“-Reise geht weiter und wer sie verpasst hat, sollte beim nächsten Stopp dabei sein. Wir hoffen auf ein Wiedersehen 2026.