Skunk Anansie – wieder Schlachthof Wiesbaden und kein bisschen leise

Am 1. Juli 2025 war es nach sechs Jahren wieder so weit: Der Schlachthof in Wiesbaden hat aufgefahren. Mit Tigress als Opener kamen Skunk Anansie in den Schlachthof zurück.
Bei bestem Wetter und noch besserer Laune startete der Abend mit der Alternative-Rockband aus Chelmsford. Während sich die Venue noch füllte, starteten die Briten voller Energie und performten „Freefall“ als ersten Song. Frontfrau Katy stieg sofort mit großen Gesten ein, agierte direkt mit dem Publikum, das all ihren Aufforderungen – „Hands up and make some noise“ – nachkam.
Während Tom Harrison und Sean Bishop an der Gitarre, Jack Divey am Bass und Josh Coombes am Schlagzeug den zum Teil punkigen, zum Teil poppigen Sound kraftvoll vorwärts trieben, wurde Katy Jackson mit zweiter und dritter Stimme vom Band unterstützt – Katys Stimmumfang war beeindruckend. Ihre Stimme fügte sich mal weich, mal kraftvoll in die Songstrukturen ein und trug fast immer über die Soundwall ihrer Bandkollegen. Das Publikum zeigte sich zunächst neugierig, aber zurückhaltend. Spätestens bei „B-O-R-E-D“ sangen alle mit. Mit „Alive“ verabschiedeten sich Tigress von der Bühne und hatten ihren Job als Vorband mehr als gut erledigt.
Während der Umbaupause wurde es dann endgültig voll. Die Temperatur stieg kongruent zur Vorfreude. Kurz nach 21 Uhr war es dann soweit: Deborah Anne Dyer alias Skin nahm zusammen mit ihren Bandkollegen dem Gitarristen Ace (Martin Ivor Kent), dem Bassisten Cass (Richard Keith Lewis) und dem Schlagzeuger Mark Richardson die Bühne und die Crowd ein. Und sie machten mit This Means War gleich zum Einstieg klar, wohin die Reise gehen würde. Seit Mitte der 1990er sorgte die Band mit politisch expliziten, feministischen und antirassistischen Texten für Aufruhr und in Wiesbaden waren sie kein bisschen leiser. Und genau darauf hatten alle gehofft.
Skin sang laut, wütend und extrem energetisch. Das eben noch zugewandt mitfeiernde Publikum feierte jetzt Skin und ihre Band frenetisch. Mit „An Artist is an Artist“ kam dann die erste Single des neuen Albums „The Painful Truth“. Skunk Anansie waren mit jedem Takt, jedem Ton präsent, der Sound wie gewohnt tight. Sie erinnerten mit ihrer Düsternis an Black Sabbath und ihrer Wut an Rage Against The Machine und doch feierten alle ihre Einzigartigkeit. Sie hatten viel zu sagen und alle wollten es hören. Skin war und ist politisch und wird es wohl immer sein. Sie redete über politische Ungerechtigkeiten und dankte dem Schlachthof für das Schild am Eingang, das sich gegen Diskriminierung, Sexismus und Homophobie ausspricht: „Because this is a fuck off.“
Dann widmete sie sich wieder der Musik. Zwanzig Songs, u. a. „Love Someone Else“, „Hedonism“, „Shame“, „Yes, It’s Fucking Political“ aus fast 30 Jahren Bandgeschichte wurden uns um die Ohren gespielt und geschrien. Skin suchte nicht nur von der Bühne den Kontakt, sie sang mitten in der Crowd, stand auf dem Mischpult und wurde auf Händen zurück zur Stage getragen. Als Ausnahmesängerin arbeitete Skin mit ihrer Stimme, war in Wort und Ton pointiert. Die Band, die sich 2001 trennte und 2009 wieder vereinte, war eingespielt. Alle nahmen den Raum ein, den sie brauchten, zeigten vereint Haltung. Das Spotlight gehörte jedoch eindeutig Deborah.
Kurz vor Schluss coverten die Skunkz noch „Highway To Hell“ von AC/DC und schickten zwei Songs später alle mit „Lost and Found“ auf den Heimweg. Ich war sicher nicht die Einzige, der noch eine ganze Weile die Lyrics und die beeindruckende Stimmung nachklang. Danke Skunk Anansie für eure ungebrochene Wut und danke Schlachthof Wiesbaden für immer wieder solche Abende.
Fotos von Andreas Schieler