Lord Of The Lost in Saarbrücken: „Aus einer kleinen Sommershow wurde dann diese wilde Nacht“
Nach der großen Reise zum Eurovision Song Contest und vor der großen Tour mit Iron Maiden haben Lord Of The Lost am 17.06.2023 in der Garage Saarbrücken ihr heißes Stelldichein gegeben. „Aus einer kleinen Sommershow wurde dann diese wilde Nacht mit 1200 Wahnsinnigen“, postet die Band am Tag danach auf ihrem Instagram-Kanal.
Schon lange vor Einlass bildet sich an diesem sommerlich-heißen Tag vor der bekannten Venue eine weitreichende Schlange. Brav aufgereiht sind die Fans in der Sonne brutzelnd im wahrsten Sinne heiß auf den Auftritt. Dieser Zustand sollte sich bis zum Schluss nicht ändern. Doch zunächst legt Setyoursails, eine Metalcore-Band aus Köln, mit „Ghosts“ brachial los. Die gewaltige Stimme von Frontfrau Jules Mitch erfüllt die nahezu gefüllte Garage. Die zierliche Sängerin mit Hut überzeugt sowohl in den klaren bis hin in die gutturalen Tonlagen. Der gesangliche Part wird gekonnt von den restlichen Musikern untermauert. Auch André Rodrigues an der Gitarre sowie Nicolai Hoch am Bass und Henrik Kellershohn an den Drums liefern ordentlich ab. Und während der Circlepit zu „Best Of Me“in der warmen Halle tobt, frage ich mich, warum ich nicht schon früher von Setyoursails gehört habe. Mein Tipp: Reinhören und auf Konzert gehen! Derweil positionieren sich Jules und ihre Mannen auf der Bühne gegen jegliche Form von Hass, insbesondere gegen Rassismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit. Die Regenbogenflagge und ein Banner, das kein Platz für Hass propagiert, begleiten das vorletzte Lied, das sich ebenso dem Thema widmet. Zum Finale dreht das Quartett nochmals richtig auf und die Menge geht voll mit. So fällt der Applaus frenetisch aus. Ein Abschlussfoto mit Mittelfinger und die Bühne wird frei für den Headliner.
Als Lord Of The Lost die Bretter entern, wird es wahnsinnig laut in der rappelvollen Garage. Das Publikum feiert den erst kürzlichen ESC-Teilnehmer noch vor dem ersten Ton: grandiose Stimmung schon von Anfang an. Wie wild rennt Chris „The Lord“ Harms beim Opener „The Curtain Falls“ von einem Ende zum anderen, auf das Podium und wieder zurück. Gitarrist Pi und Bassist Klaas stehen ihm auch bei „Morgana“ im Anschluss dabei in nichts nach. „No Respect for Disrespect“ grölt es lauthals aus der Menge, in deren Mitte sich immer wieder ein schweißtreibender Moshpit bildet. In einer kleinen Verschnaufpause bedankt der Frontmann beim Publikum für das zahlreiche Erscheinen – besonders bei den treuen Fans, unter denen heute eine junge Frau demnach ihr 74. LOTL-Konzert besucht. Dann noch schnell die Frisur richten und so kann der Lord mit „Absolute Attitude“ weiter rocken. Mit „And It Was Night“ – noch immer eines meiner Favoriten – und „Judas“ beglücken Lord Of The Lost mit Songs aus dem Vorgängeralbum. Die Fünf sind offensichtlich guter Laune, witzeln untereinander und treten stets in Kontakt mit ihren Fans. Die energische Performance und natürlich vor allem die mitreisende Liedauswahl lässt fast niemanden mehr ruhig stehen und fast keine Stirn mehr trocken. „Destruction Manual“ gefolgt von „Full Metal Whore“ legen noch eine Schippe drauf und heizen nochmal so richtig ein: Ein Konzerterlebnis wie es sein soll!
„So warm war es selten bei einem Konzert“ merkt Chris an. Er sei vom Hexentanz-Festvial gewohnt mit Jacke ins Saarland zu reisen. Aber heute herrsche eher karibische Feeling. „Saarbrücken, springt ihr mit uns?“ ist eher rhetorisch gemeint, gleichzeitig verstärkt die Ansage das innere, gefühlt tropische Klima. Doch der Fanschar macht dies recht wenig aus. So schwitzt man munter zu „Reset The Preset“ weiter. Chris lobt die Vielfalt der angereisten Fans und zieht anschließend mit „Leave Your Hate In The Commtents“ Stellung gegen die Hass-Kultur in sozialen Medien. Immer wieder verbiegt sich der charismatische Gerrit am Keyboard, so auch bei seinem gefeierten Solo in „Loreley“. Das nutzt Chris, um die Bühne zu verlassen und den glücklichen Fans in den ersten Reihen nahe zu sein. „Man schaut nicht auf ein Publikum, das ein Konzert sieht, sondern auf eine einzige Party“, die man zum ESC-Beitrag „Bood & Glitter“ fortsetzt, ein Lied, das in den letzten Monaten sowohl in der Band als auch in ganz Deutschland einiges bewegt hat, so Chris. „One Last Song“ läutet emotional ein Ende mit Mitsingpficht ein. „Drag Me To Hell“ und das Roxette-Cover „The Look“ krönen einen grandiosen Konzertabend, der in lautem Beifall ausklingt.
Lord Of The Lost sorgen bei ihrer Premiere in der Garage Saarbrücken für einen genialen Abriss. Ich habe schon viele gute Lord Of The Lost-Konzerte erleben dürfen, heute Abend ist es mein wahrscheinlich bestes gewesen. Danke Garage Saarbrücken, danke Setyoursails, danke Chris, Garrit, Klaas, Pi und Niklas.