Karnivool und The Ocean – fulminanter Tourauftakt in Frankfurt


Die Freude ist groß, dass pandemische Zustände langsam der Vergangenheit angehören, und doch kann sich auch dieses Konzertereignis, das Zusammentreffen zweier Post Rock -Metalgrößen an einem Abend, nicht ganz davon lossagen. Dies vorweg kann man sich aber darauf einigen, dass der Effekt nur positiv ist, wenn an diesem regnerisch-kalten Wintermontag des 16. Januars The Ocean Collective und Karnivool in der Batschkapp aufspielen.

Es sollte ein guter Abend werden, musste, denn nach zwei pandemiebedingt verschobenen Terminen war die Vorfreude der Bands und ihrem Publikum schon beim Eintritt in die Venue spürbar. Diese Spannung konnte auch darauf zurückzuführen sein, dass es das erste Konzert von Karnivools Regeneration Tour in Europa war.

Mit dieser Energie lassen wir uns zu Beginn auch gleich in blaues Licht tauchen, als The Ocean bei warmem Applaus auf der Bühne erscheinen. Gewohnt konzentriert spielen die Berliner auf, wie erwähnt zunächst auf einer in sphärischem Blau getauchten Bühne. Der Einstieg erfolgt mit zwei Songs des Albums PHANEROZOIC l, gefolgt von Songs des Erfolgsalbums PELAGIAL und im letzten Drittel aus PHANEROZOIC ll. So wie die Songs unterschiedlichen Alben entstammen, so wechselt die Atmosphäre der Songs und mit ihr das Bühnenlicht von blau zu rot hin zu grün.

Vom ausgeklügelten Konzept der Alben wird nicht immer abgewichen, einige Shows sind daher die exakte Umsetzung und Präsentation der Alben,  aber The Ocean sind in erster Linie auch eine grandiose Liveband, gelegentlich spielen sie das Material auch in anderen Versionen. Der Sound ist eindringlich und sehr dynamisch, bäumt sich wie eine Welle auf, bildet sich zurück, um in ungeahnter Größe wieder zurückzukehren. Die prägnante bisweilen gewaltige Stimme Loics führt durch die Songs, stellt sich mal über die Riffwellen von Mastermind Robin Staps und seinen Bandkollegen oder ordnet sich diesen stellenweise unter, ganz wie es die Dynamik verlangt. 

Im gut gefüllten Kulturzentrum saugen die alten und die neu gewonnenen Fans die Klänge gierig auf. Dennoch, das Publikum reagiert wie ein alter Bekannter, denn in diesem Genre kennt man die Soundgrößen. Auch die Experimentierfreude haben sie nicht abgelegt. So beginnt die neue Single „Preboreal“ mit einem hektischen Synthloop und endet im Noisegewitter. Unter Applaus geben The Ocean nach etwa 40 Minuten Set die Bühne wieder frei.

Nach einer 20-minütigen Pause wird das Licht wieder dunkler, augenblicklich entlädt sich der Applaus. Das Publikum ist voller Vorfreude darauf, dass die mehrfach verschobene Show endlich stattfinden kann. Und sie werden nicht enttäuscht. Die Band betritt gut gelaunt die Bühne, voller Spielfreude und gleichzeitig fokussiert. Alles ist aufeinander abgestimmt, die Bühnenkulisse, das Licht, die Dynamik des Sounds alles ist durchdacht und perfektionistisch, aber nie zu verkopft, sondern nicht selten emotional und berührend.

Karnivool betreten ihren eigenen Kosmos: den souveränen Sound, der, sowohl mit Wucht als auch Leichtigkeit, auf das Publikum losgelassen wird. Die Melange aus Kennys klarem und prägnant hohem Gesang und den brachialen Gitarren mitten in einem komplexen Rhythmusrahmen ist einfach einzigartig.

Früh im Set spielen Karnivool die neueste Veröffentlichung All It Takes, ansonsten bietet das Set einen runden Querschnitt durch die Bandgeschichte; Songs wie Goliath, Themata und We Are sind den Fans wohlbekannt. Die Songs brechen immer wieder aus wie ein ungestümes Pferd, mal wunderschön mal brachial, stets fernab von harmonischem Einheitsbrei und auf den Punkt gespielt.

Und der Jubel schwillt mit jeder Pause zwischen den Songs mehr an. Die Stimmung ist fantastisch, feiert man schließlich die Wiedergeburt der Livemusik. Mit New Day und Change enden die Australier ein rundes Set. What a way to start a tour!